Die Tage gehn vorbei mit sanfter Lüfte Rauschen,
Wenn mit der Wolke sie der Felder Pracht vertauschen,
Des Tales Ende trifft der Berge Dämmerungen,
Dort, wo des Stromes Wellen sich hinabgeschlungen.
Der Wälder Schatten sieht umhergebreitet,
Wo auch der Bach entfernt hinuntergleitet,
Und sichtbar ist der Ferne Bild in Stunden,
Wenn sich der Mensch zu diesem Sinn gefunden.
d. 24 Mai 1758. Scardanelli.
Friedrich Hölderlin
Irgendwer hat die Sonne gewendet. Ohne um Erlaubnis zu fragen. Es bereitet mir Unbehagen. Ich bin ein Frühlingskind, in der ersten Jahreshälfte zuhause. Die Monate von März bis Juni sind die Meinen. Nach Mittsommer ziehen die Tage weiter, "gehn vorbei mit sanfter Lüfte Rauschen" und lassen mich mit leeren Händen und brennendem Herzen zurück. Ich muss mich wieder sammeln, um weitergehen zu können.
Wenn ich die Augen schließe, wandere ich durch uralte Alleen, über von Licht und Schatten geflecktes Kopfsteinpflaster, höre den Kuckucksruf, sehe das Meer tiefblau hinter sonnengelben Rapsfeldern, habe sein Rauschen im Ohr, sehe jenseits der Bucht die ockerfarbenen Felsen von Arkona in der Morgensonne leuchten. Die Insel Rügen klingt in mir nach.
Jasmund: Keine Erinnerung an einen Ort, an dem ich so restlos glücklich war, mich so lebendig fühlte, dass selbst die frühen Stunden der üblichen Schwere enthoben waren.
Vierbeinige Begegnungen prägten meine Morgenwege - und das Gefühl, stets von schwarz-weißen Katzen beobachtet und begleitet zu sein. Den Verdacht irgendwie nicht losgeworden, dass sie zu Lisas Netz der Schnurrenden Geheimagenten gehörten...
Im verträumten Nachbarort: Stille, verwunschene alte Häuser, über denen der Flieder noch Anfang Juni in voller Blüte stand...
Wo auch der Bach entfernt hinuntergleitet,
Und sichtbar ist der Ferne Bild in Stunden,
Wenn sich der Mensch zu diesem Sinn gefunden.
d. 24 Mai 1758. Scardanelli.
Friedrich Hölderlin
Irgendwer hat die Sonne gewendet. Ohne um Erlaubnis zu fragen. Es bereitet mir Unbehagen. Ich bin ein Frühlingskind, in der ersten Jahreshälfte zuhause. Die Monate von März bis Juni sind die Meinen. Nach Mittsommer ziehen die Tage weiter, "gehn vorbei mit sanfter Lüfte Rauschen" und lassen mich mit leeren Händen und brennendem Herzen zurück. Ich muss mich wieder sammeln, um weitergehen zu können.
Alte Lindenallee bei Lohme |
Arkonablick |
Vierbeinige Morgenbegegnung |
Vierbeinige Begegnungen prägten meine Morgenwege - und das Gefühl, stets von schwarz-weißen Katzen beobachtet und begleitet zu sein. Den Verdacht irgendwie nicht losgeworden, dass sie zu Lisas Netz der Schnurrenden Geheimagenten gehörten...
Schnurrender Frühstücksgefährte |
Bauernhaus in Hagen |
Flieder in Hagen |
Lindenallee bei Lohme-Nipmerow |
O Land der dunkeln Haine,
O Glanz der blauen See,
O Eiland, das ich meine,
Wie tut's nach dir mir weh!
Nach Fluchten und nach Zügen
Weit übers Land und Meer,
Mein trautes Ländchen Rügen,
Wie mahnst du mich so sehr!
Ernst Moritz Arndt
(Heimweh nach Rügen)
O Glanz der blauen See,
O Eiland, das ich meine,
Wie tut's nach dir mir weh!
Nach Fluchten und nach Zügen
Weit übers Land und Meer,
Mein trautes Ländchen Rügen,
Wie mahnst du mich so sehr!
Ernst Moritz Arndt
(Heimweh nach Rügen)
Die Kreideküste bei Sassnitz |
Wissower Klinken |
Vogelgezwitscher, das Rauschen der See - mal nah, mal fern - und noch immer liegt ein stiller Zauber über den Wissower Klinken...
Ernst-Moritz-Arndt-Sicht |
Hochuferweg Lohme |
Stubbenkammer: Feuerregenfelsen |
Blick vom Königsstuhl |
Blick vom Königsstuhl |
Doch auch die hohen Eschen wollen mir nicht aus dem Sinn, die sich immer wieder vereinzelt fanden in großer Mächtigkeit.
"Eine Esche weiß ich stehen,
sie heißt Yggdrasil, ein hoher Baum..."
Aus der Edda
Einige solcher Weltenbäume umstanden auch die Wiese hinter Haus, mit dem dunkelgrünen Feengras, übersät von hellen Tupfen des leuchtend weißen Doldenmilchsterns. Dort stand ich oft spät abends, von Fledermäusen umflogen, nahezu in der Erwartung, es würden sich doch noch Elfen zum Tanz einfinden. Aber die kleinen Leute lieben es bekanntlich nicht, von unsereinem gestört zu werden. Mit Recht.
Lietzow |
Am Kleinen Jasmunder Bodden bei Lietzow |
Am Großen Jasmunder Bodden bei Lietzow |
"Ich halte auch das Wasser und die Luft für bewunderungswürdig, die Menschen achten nur so wenig auf beides, weil sie überall von ihnen umgeben sind. Das Wasser erscheint mir als das bewegte Leben des Erdkörpers wie die Luft sein ungeheurer Odem ist."
Adalbert Stifter
Am Kleinen Jasmunder Bodden |
Blühender Weißdorn in Dranske |
Eingriffeliger Weißdorn (Crataegus monogyna) |
Schmalblättrige Ölweide (Elaeagnus angustifolia) |
Essig-Rose (Rosa gallica) |
Stets begleitet vom Ruf des Kuckucks und dem Gesang der Nachtigall in den Sträuchern, auf dem Weg zwischen Dranske und Bug, Bodden und Meer.
Unter Pappeln und Weiden am Boddenufer zwischen Bug und Dranske |
Dranske: Strand |
Hiddensee-Blick |
Schwedische Mehlbeere (Sorbus intermedia) |
Orangerotes Habichtskraut (Hieracium aurantiacum) |
Putgarten: Helene-Weigel-Haus |
Das etwa 200 Jahre alte Fischerhaus wurde einst von der Schauspielerin und Theater-Intendantin Helene Weigel und dem Dramatiker und Lyriker Bertold
Brecht selbst während in der Sommerzeit bewohnt und diente lange Jahre als
Feriendomizil des Berliner Ensembles. Es wurde vor einigen Jahren von
Privatleuten liebevoll restauriert und beherbergt ein kleines Café mit
Garten und Museum. Das Interieur besteht noch immer aus Möbeln, die Helene Weigel selbst entwarf und - ursprünglich für die Kantine des Ensembles - anfertigen ließ.
Der Ausstellungsraum zeigt, neben beeindruckenden Fotos, ein Miniaturmodell des Marketenderwagens aus "Mutter Courage" und Requisiten, wie die Puppe aus dem "Kaukasischen Kreidekreis".
Kap Arkona |
Wer sich dem Kap auf dem Wanderweg nähert, dem bietet sich manch ungewöhnlicher Blick auf die beiden imposanten Leuchttürme inmitten leuchtender Weißdornbüsche.
Schinkel-Leuchtturm |
"Die stille Wildnis der Kreidegebirge und die
Eichenwaldungen seiner vaterländischen Insel Rügen waren im Sommer, noch
mehr aber in der stürmischen Zeit des Spätherbstes und im angehenden
Frrühling... sein beständiger, sein liebster Aufenthalt."
Gotthilf Heinrich von Schubert
über Caspar David Friedrich
Gotthilf Heinrich von Schubert
über Caspar David Friedrich
Neuer Leuchtturm |
Im Inneren beeindruckt die original erhaltene, gußeiserne Treppe. Von der Aussichtsplattform dominiert der Blick auf den jüngeren "großen Bruder", den Neuen Leuchtturm von 1901/02, dessen Inbetriebnahme einst den älteren und kleineren von beiden ablöste.
Karl Friedrich Schinkel
Und selten bietet sich ein Blick "von oben herab" auf einen Leuchtturm, wobei sich nochmals eine ganz neue Perspektive auf dessen Architektur eröffnet.
Der Neue Leuchtturm bietet die schönste Aussicht über die See und die Halbinsel Wittow. Im Inneren fasziniert die holzgetäfelte Turmstube.
"Dritter im Bunde" wiederum ist der ehemalige Peilturm an der Jaromarsburg, welcher heute maritimes Kunsthandwerk in seinen Mauern beherbergt.
Einen schönen Blick zurück aufs Kap bietet ein Aussichtspunkt am Hochuferweg zum Fischerdorf Vitt, wo sich Natur und Kunst im Wechselspiel vereinen.
Kunst mit Dorngrasmücke |
Vitt |
vom Rugard aus gesehen
Der walt und angher lyt ghebreyt
mit wunnenrigher varwen cleyt;
reyt sint der suozen voghelyn done.
Se uoben eren suozen schal
vrolichem hertzen uober al.
mal ich des vinde an blomen schone.
Ho. vro. so. stet des meyien bluote. guote. suote.
ich merke vroyden vol in angher und uph alben
wyinthalben.
Wizlav diz schrip
Übersetzung:
Wald und Wiese liegen ausgebreitet
in einem Kleid von wunderschöner Farbe
schon ertönen die Lieder der süßen Vögelchen.
Sie üben ihren süßen Gesang
überall mit frohem Herzen.
Ich male, was ich an schönen Blumen finden kann.
Ho! Froh! So! Das ist die Blütenpracht des Maien,
seine Wohltat und seine Süße.
Ich bemerke ein Übermaß an Freuden
auf den Wiesen und auf den Berghängen
weit und breit.
Rügenfürst Wizlaw III.
Ein letzter Blick über die Roggenfelder zu den Türmen - und ein letztes Mal wird nach Sonnenuntergang das Leuchtfeuer von jenseits der Tromper Wiek nach Jasmund herüber grüßen.
Arbeitsintensiv die Tage nach der Rückkehr, stets im Spannungsfeld zwischen Ideal und "Wirklichkeit", - aber was ist denn "wirklich"? "Alltag", "Realität", "Boden der Tatsachen" - Begriffe, die mir inzwischen mehr und mehr verdächtig geworden sind!
Die Dichter immerhin mussten nicht zurückstecken. Meine Besprechung der neu aufgelegten Doppelbiographie von Gisela Kleine über Ninon und Hermann Hesse erschien neu bei literaturkritik.de unter Dialog als Voraussetzung und findet sich inzwischen auch als Post im Blog LiteraturFreundIn.
Denn der Sommer liegt ja zum Glück noch vor uns...
Sonnige Tage wünscht euch
Betty